Die jüdische Gemeinde Monzingen Das Ende der jüdischen Gemeinde Nach der Abwanderung mehrerer Familien war die jüdische Gemeinde erheblich zusammenge-schrumpft. Wurden 1891 noch 6 jüdische Händler mit wohnhaft in Monzingen angegeben, waren es 1902 noch 4 und 1910 nur noch 2: David Mayer und Emilie Ullmann, Adolfs Ehefrau. Auszüge aus den Einwohnerlisten des Kreises Kreuznach: Monzingen 1891,1902, 1910 31 Der letzte Spross aus der Familie Fried, Angelius (II), taucht auf den Listen der Gewerbetreibenden nicht mehr auf, offenbar hatte er zu dieser Zeit schon seinen Viehhandel aufgegeben oder der Eintrag wurde vergessen. Er lebte aber noch bis zu seinem Tod im Jahre 1913 in Monzingen, im Haus Nr. 147 (heute Soonwaldstraße 26). Der Kaufmann Jacob Mayer hatte noch 1893 an der Provinzialstraße, das Anwesen HN 234 (heute Binger Landstraße 2) mit Wohnhaus, Bräu und Scheune gekauft und dort seine Firma mit Lagerräumen eingerich-tet. Nach seinem Tod 1896 wurde das gesamte Anwesen auf seinen Sohn Gustav überschrieben, wäh-rend der älteste Sohn David vorerst das Haus der Mayers im Dorf übernahm, worin er mit Frau Delphina und Tochter Else bis 1906 wohnte. Sohn Albert war bereits am 25.09.1903 nach Kreuznach gezogen. Bruder Gustav folgte ihm drei Jahre später mit Frau und Sohn. Albert und Gustav gründeten in der Des-sauerstraße in Kreuznach eine Firma unter dem gleichen Namen wie in Monzingen. Dessauer Straße 7 und 9 in Bad Kreuznach (Foto: 2012), Auszüge aus den Einwohnerlisten der Stadt Kreuznach von 1910 und 192131 Mutter Amalie, die Witwe Jacobs, verzog ebenfalls nach Kreuznach, das genaue Datum ließ sich nicht feststellen. Sie lebte aber bis 1926 in der Kreisstadt, wo sie im Hause ihrer Tochter Clara Vogel, in der 13 Oranienstraße 13, verstarb.32 Albert Mayer zog 1921 mit seinen Söhnen nach Wiesbaden, wurde aber nach seinem Tod 1924 ebenfalls in Kreuznach neben seiner bereits 1919 verstorbenen Frau beerdigt. Grabsteine von Amalie Mayer, Tochter Clara Vogel geb. Mayer, Sohn Albert Mayer und seiner Ehefrau Selma Jüdischer Friedhof Bad Kreuznach, Distrikt A, Nr. 101, Nr. 17 und Nr. 68, Fotos: 2012 David Mayer verkaufte 1906 das gesamte Anwesen im Ortskern – dort wurde die Metzgerei Christian Dickenschied eingerichtet - und zog um in das Haus Nr. 234 an der Provinzialstraße, das nun auch auf seinen Namen überschrieben wurde. Von dort aus trieb er weiterhin Handel unter dem Firmennamen des Vaters. Wann auch er Monzingen verlassen hat, ließ sich bisher nicht genau ermitteln. Im Jahr 1910 unterschrieb er als Mitglied der Sanitätskommission den Friedhofsbericht. Auch auf einem Lieferschein von 1913 (Kopie rechts)33 ist ebenfalls noch seine Unterschrift. Während des Krieges war in den Nebenge-bäuden eine Reichsgetreideannahmestelle eingerichtet worden. Ein Lieferschein von 1917 ist nicht mehr von David Mayer unterschrie-ben. Davids Tochter Else ist am 04. April 1910 in die Ev. Volksschule in Monzingen eingeschult worden. Leider wurde in der Schulstammrolle das Datum ihres Austritts nicht eingetragen. Bei den Schulentlassungen 1918 ist sie nicht mehr aufgeführt. In Saarbrücken ist sie ab 14.07.1919 wohnhaft in der Karcherstraße 6 gemeldet. (Vgl. S. 11)27 Vermutlich hat die Familie Monzingen Ende des 1. Weltkrieges in Richtung Saarland verlassen, denn in der Kirner Zeitung34 ist im Juni 1919 unter Monzingen zu lesen: „Das David Mayer’sche Anwesen hier-selbst ist zu einem hohen Preise von einer Saarbrücker Firma käuflich erworben worden, welche beab-sichtigt, daselbst ein Baumaterialiengeschäft einzurichten.“ – Im Liegenschaftsbuch des Katasteramtes wurde das Anwesen HN 234 dann im Jahr 1920 auf den neuen Besitzer namens Brandes übertragen.35 In Saarbrücken, Karcherstraße 6 war auch Davids Frau Delphina vor ihrem Tod am 14.10.1926 zuletzt wohnhaft. Sie hat offenbar bei ihrer Tochter Lilo gelebt. Schwiegersohn Willi meldete ihren Tod auf dem Standesamt.36 Ein Hinweis auf Davids Tod wurde noch nicht gefunden. Nach dem Tod des Händlers Moses Ullmann, der 1902 ledig verstorben war und keine näheren Verwandte mehr im Ort hatte, wurden dessen Liegenschaften von anderen Monzinger Bürgern erworben. Einen großen Teil erwarb Adolf Ullmann, darunter auch das Haus Nr. 209. Nachdem dessen Vater Michael Ullmann im Jahr 14 1905 ebenfalls verstarb, wurden dessen Liegenschaften ebenfalls auf Adolf übertragen. So besaßen Adolf und Emilie Ullmann im 1. Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts mehrere Wohnhäuser. Bereits 1892 hat-te Emilie das Haus Nr. 229 von der Witwe Deflize erworben, in dem sie noch nach dem Krieg ihren Kram-laden führte. (Vgl. S. 19) Sohn Alfred verkaufte dieses Haus 1923/24 an Jakob Deflize, den Sohn des Er-bauers, und emigrierte nach England, wo er 1939 die britische Staatangehörigkeit erwarb.37 Ob die in-zwischen 70-jährige Emilie mit emigrierte oder zu einem ihrer Kinder nach Frankfurt gezogen war, konn-te nicht ermittelt werden. In den standesamtlichen Unterlagen von Monzingen ist kein Sterbeeintrag zu finden. Wann und wo Adolf Ullmann verstorben ist, konnte auch bisher nicht festgestellt werden. Er lebte 1908 bei der Hochzeit von Berta und Penas noch in Monzingen und unterschrieb als Trauzeuge.38 Auf der Liste der Gewerbetreibenden des Kreises Kreuznach von 1908 wird er auch noch unter Monzin-gen als Händler geführt, 1910 steht dann nur noch seine Ehefrau auf der Liste. Es ist kein weiterer Hin-weis mehr auf ihn zu finden. Ferdinand Ullmann, der Sohn von Ludwig und Barbara geb. Rothschild, hatte sein Elternhaus mitsamt der Handlung in der heutigen Bachstraße übernommen, während der jüngere Bruder Leopold Monzin-gen verlassen hatte. 1907 verstarb Ferdinand im Alter von 36 Jahren und hinterließ seine Witwe Caroli-ne genannt Henriette (Jettchen Ullmann), offenbar kinderlos. Bertha, die ledige Schwester Adolfs, wohnte bis zu ihrem Tod „am Bergelchen“, einer Verbindung zwi-schen der heutigen Franziskastraße und dem Obertor. Dort verstarb sie am 23. März 1923. Ihre Beerdi-gung war die letzte auf dem jüdischen Friedhof in Monzingen. So hatten im Jahr 1924 alle jüdischen Bewohner bis auf Jettchen Ullmann den Ort Monzingen verlassen. Es gab keine jüdische Gemeinde mehr. Sie existierte nur noch auf dem Liegenschaftsblatt des Kataster-amtes als Besitzerin der Parzelle 245 in der Flur XIV, dem Judenfriedhof. Als dieser im Juni 1938 verkauft wurde, wurde sie mit dem Begriff „unbekannter Eigentümer“ bezeichnet und ein Pfleger bestellt. Das Liegenschaftsblatt wurde im Jahr 1939 abgeschlossen.