Die jüdische Gemeinde Monzingen Der jüdische Friedhof Außerhalb der alten Stadt, im Südwesten, direkt hinter der Stadtmauer, lag der Monzinger Judenfriedhof. Wann er angelegt wurde, ist nicht mehr feststellbar, vermutlich spätestens zwi-schen 1800 und 1810. Im ältesten Katasterplan der Gemeinde von 1830 ist er bereits eingezeichnet: Flur 4 Parzelle 245, Eigentum der jüdischen Gemeinde, Fläche: 36 R 80 F (entspricht 521,94 m2)39 Ansichtskarte von Monzingen, Aufnahme um 1910, vorne links der Judenfriedhof 15 In den Revisionsberichten der Begräbnisplätze40, die gemäß der Verfügung des Regierungspräsidenten vom 04.Juni 1903 vorzunehmen waren, wurde bestätigt, dass der Friedhof in einem ordnungsgemäßen Zustand war, „eingefriedet mit einem Lattenzaun, einer gepflegten Weißdornhecke und versehen mit einem gut verschließbaren Tor“. Die Begräbnislisten wurden vom Bürgermeister geführt, sind aber zur-zeit nicht mehr auffindbar. Am 27.07.1910 bestand die jüdische Gemeinde noch aus 9 Mitgliedern. Da-vid Mayer gehörte als ihr Vertreter zur Sanitätskommission und unterschrieb den Revisionsbericht. Am 31.10.1922 hatte die Gemeinde nur noch 4 Mitglieder, in der Kommission war kein Jude mehr vertreten. Ab 1924 war also Jettchen Ullmann (siehe Seiten 10 und 14) die einzige Person jüdischen Glaubens in Mon-zingen. Und sie verließ den Ort 1938 Monzingen im Alter von 82 Jahren. Zwar hatte sie sich schon einen Platz auf dem Friedhof neben ihrem verstorbenen Mann reservieren lassen, doch wurde der Friedhof verkauft und abgeräumt. Wie stark der Druck durch die Behörden dabei eine Rolle gespielt hat, lässt sich nicht mehr eindeutig klären. Der einzige Hinweis zu diesem Thema im Beschlussbuch des Gemeinderats von Monzingen ist am 17.03.1938 zu finden: 3) Ankauf des jüdischen Friedhofes - der durch Verfügung des Herrn Regie-rungspräsidenten polizeilich geschlossene Friedhof der Syna-gogengemeinde, Flur 14 Parzelle Nr. 245, wird zum (Hälfte) Preise von (500) RM käuflich erworben. Zur Verschönerung des Ortsbildes soll der ehemalige Friedhof in eine öffentliche Parkanlage umgewandelt werden. (Das Wort „Hälfte“ und die Zahl „500“ wurden nachträglich von Bürgermeister Thöne beim Unterschreiben des Protokolls eingefügt.)41 Zu diesem Ankauf ist es aber nicht gekommen. Ob wirklich bereits im März eine polizeiliche Verfügung vorlag, ist auch fraglich, denn am 06. Mai 1938 forderte der Landrat des Kreises Bad Kreuznach von den Bürgermeistern der Städte und den Amtsbürgermeistern des Kreises bis zum 15. des Monats einen Be-richt über die jüdischen Friedhöfe an, der Regierungspräsident in Koblenz griff die Sache auf und wies am 23. Juni 1938 auf die Möglichkeit der Schließung jüdischer Friedhöfe hin: „Die nicht mehr benutzten jüdischen Friedhöfe können durch mich geschlossen werden. Ich bitte die Eigentümer einen entspre-chenden Antrag zu stellen. Das Friedhofsgelände kann vor Ablauf von 40 Jahren nur mit meiner Geneh-migung anderweitig verwendet werden. Ich bin bereit, die Genehmigung sofort zu erteilen, wenn in den letzten 15 Jahren keine Beerdigung mehr stattgefunden hat.“42 Offenbar hat man in Monzingen diese „Legalisierung von oben“ abgewartet. Die letzte Beerdigung (Berta Ullmann, 20.03.1923) lag genau 15 Jahre zurück, und bereits 6 Tage nach dem schriftlichen Hinweis des Regierungspräsidenten wurde der Friedhof verkauft, allerdings nicht an die Gemeinde Monzingen. Deren Angebotspreis war offenbar überboten worden. Wie Edgar Mais ermittelte, handelte der Sobernheimer Fabrikant Alfred Marum als Pfleger der unbekannten Eigentümer und verkaufte am 29.06.1938 den Begräbnisplatz zum Preis von 600,-- RM an einen Monzinger Privatmann. Was mit dem Kaufpreis geschah, ist nicht bekannt.43 Die Änderung der Besitzverhältnisse im Kataster von Monzingen erfolgte 1939.44 Die Grabsteine wurden im Herbst 1938 von Arbeitern der Firma Marum auf den Sobernheimer Judenfriedhof transportiert, wo sie in den fünfziger Jahren wiederentdeckt wurden.45 Nach dem 2. Weltkrieg beließ die klagende Jüdische Kultusgemeinde Bad Kreuznach das Grundstück im Besitz des Erwerbers, dieser verpflichtete sich, 300,-- DM, die Gerichtskosten und den Nutzungsgewinn zu zahlen.43 Das Gelände wurde 1941 in vier kleinere Parzellen unterteilt (warum auch immer?), im gesamten ver-blieb es jedoch im Besitz des Erwerbers Otto L. und gehört heute dessen Erbe. In den fünfziger Jahren 16 wurde es als Holzlager- und Sägeplatz genutzt. Heute stehen an der Stelle ein abrissreif gewordener Schuppen und vier Garagen. Bei der Frage, ob 1938 noch Umbettungen stattgefunden haben, differieren die heutigen Aussagen. Laut Informationen durch den Sohn des Erwerbers sollen welche stattgefunden haben.45 Der gleiche Funktio-när aber, der Henriette Ullmann angeblich mit dem Bau eines HJ-Erholungsheimes gedroht und ihre Zustimmung zum Verkauf des Friedhofs „erzwungen“ haben soll, soll noch in den fünfziger Jahren bei Diskussionen in einer Gaststätte geprahlt haben: „Nicht einen einzigen Knochen durften sie mitneh-men.“ Die noch lebenden Zeitzeugen können sich auch an keine derartige Aktion erinnern, die sicherlich nicht von den Dorfbewohnern unbemerkt hätte durchgeführt werden können.46 In der Kürze der Zeit zwischen Schließung und Verkauf und so viele Jahre nach der Bestattung der Toten war eine Umbettung auch wohl kaum möglich, ganz davon abgesehen, dass dies für die Juden ein großer Frevel bedeutet hätte und ich mir die angebliche Zustimmung der Witwe Ullmann nicht vorstellen kann. Mit Sicherheit sind nicht alle auf dem Friedhof Bestatteten umgebettet worden, denn mindestens zweimal stieß man bei Bauarbeiten in der Nähe des Geländes auf Knochenfunde, einmal 1992 und erneut beim Ausbau der Franziskastraße 2002, was auf Bitte des damaligen Bürgermeisters geheim gehalten werden sollte, ob-wohl der Fund bereits in Windeseile im Dorf bekannt geworden war. Man wollte aber den Straßenbau nicht verzögern, und so wurden die Knochen kurzerhand wieder mit Erde zugeschüttet und der Ausbau der Straße fortgesetzt.47 links: Der Fried-hof ist bereits geräumt, die Einzäunung verschwunden, das Eisentor des Eingangs steht noch. (Foto: privat, 1942) rechts: Aus-schnitt aus einer Ansichtskarte von 1965 Aufnahmen von 2012 Die 20 Grabsteine in Bad Sobernheim, die eindeutig dem Monzinger Friedhof zuzuordnen sind, stammen aus den Jahren 1853 bis 1923. Da alle jüdischen Bewohner, die zwischen 1800 und 1923 in Monzingen verstorben sind, auf dem Friedhof beerdigt worden sein dürften, müssten es eigentlich viel mehr Steine 17 gewesen sein als diese 20. Ob die restlichen Steine bereits in Monzingen oder in Sobernheim zweckent-fremdet wurden, ist nicht mehr festzustellen. Monzinger Steine auf dem jüdischen Friedhof in Bad Sobernheim Grabstein Nr. 89 in Bad Sobernheim Der älteste noch vorhandene Stein ist der Grabstein von Eva Ullmann geb. Roos. Sie starb am 29.03.1853 im Alter von 60 Jah-ren. Die letzte Beerdigung auf dem jüdischen Friedhof in Monzingen fand 1923 statt. Barbara genannt Bertha Ullmann, ledig, starb am 20.03.1923. Ihr Tod wurde von der christlichen Krankenschwester Magda-lena Dick auf dem Standesamt angezeigt. Grabstein Nr. 81 in Sobernheim Besonders erwähnenswert ist diese Levitenkanne auf dem Grabstein von Salo-mon Fried (1808 – 1889). Sie ist das Zeichen der Nachkommen des Stammes Levi und ist trotz der zahlreichen Schändungen bereits 123 Jahre erhalten geblieben.