Die jüdische Gemeinde Monzingen Synagoge – Judenschule – Betsaal Zu den wichtigsten religiösen Einrichtungen einer jüdischen Gemeinde gehören eine Synagoge, ein Friedhof, eine Mikwe (das rituelle Tauchbad) und eine Schächterei (Koschere Metzgerei). Alle vier Ein-richtungen waren im 19. Jahrhundert auch in Monzingen vorhanden. Mindestens eine Schächterei war im Hause der Familie Mayer (spätere Metzgereien Dickenschied und Kaufmann, heute Hauptstr. 65)48. Zusätzlich zu den Berufsbezeichnungen Handelsmann oder Krämer ist jeweils bei Emanuel Ullmann (1805-1862), David Mayer I (1800 – 1858, ab 1826 in Monzingen), Jacob Mayer (1832-1896), Moses Ull-mann (1833-1902), David Mayer II (*1861) und Ferdinand Ullmann (1871-1907) auch die Bezeichnung „Fleischer“, „Schlachter“, „Metzger“ oder „Schächter“ zu finden. Ein Friedhof war ebenfalls vorhanden. Gab es nun auch eine Synagoge? 18 Eine Synagoge im ursprünglichen Sinne war ja nicht nur ein Bethaus- und Gotteshaus wie es bei den christlichen Kirchen der Fall war, sondern man traf sich dort zum Lernen, studierte die Thora und den Talmud, diskutierte die Angelegenheiten der Gemeinde, feierte religiöse Feste und führte Beschneidun-gen durch. Zum Ausheben der Thora benötigte man die Mindestzahl von zehn religionsmündigen Män-nern. War diese Zahl erreicht, konnte man auch jederzeit in einer Privatwohnung den Gottesdienst ab-halten. In den Dörfern im Naheraum wie auch im Hunsrück wurde die Synagoge üblicherweise „Juddeschul“ genannt, völlig gleich, ob es sich um ein gesondertes Gebäude oder einen Raum in einem Privathaus handelte.49 In einer Statistik über den Schulbesuch jüdischer Kinder 1847 wird der Religions-lehrer als „Vorsteher der Synagoge“ bezeichnet. Auch sprechen noch heute die unmittelbaren Nachbarn der ehemaligen „Juddeschul“ von Monzingen von einer Synagoge, die da gewesen sein soll, andere be-haupten, an der Stelle hätte eine Schule für jüdische Kinder gestanden, doch gab es im Ort keine Syna-goge oder jüdische Schule als eigenständiges Gebäude, sondern offenbar einen Betsaal in einem jüdi-schen Privathaus. In diesem Raum wurden auch die jüdischen Kinder in Religion unterwiesen bzw. hat-ten sie mehrere Jahre den gesamten Schulunterricht unter einem jüdischen Lehrer. Wo ein solcher Raum vor 1833 war, lässt sich nicht mehr feststellen. Es muss aber schon vor den Eintra-gungen im Urkataster eine „jüdische Schule“ gegeben haben, denn im Landeshauptarchiv in Koblenz befindet sich eine Akte über den Schulbesuch israelischer Kinder der Bürgermeisterei Monzingen, worin auch eine Meldung des Vorstehers der jüdischen Gemeinde enthalten ist. Erste Hinweise auf einen jüdi-schen Lehrer in Monzingen gibt der Passierschein von 1811 (siehe Seite 5). Am 22.11.1823 meldete An-schel Fried, der damalige Vorsitzende der jüdischen Gemeinde Namen, Alter und Schulbesuch von acht schulpflichtigen jüdischen Kindern aus Monzingen und vermerkte, dass fünf davon „die jüdische Schule und drei die hiesige christliche Schule“ besuchten.50 1826 werden dann 11 jüdische Kinder als schulpflichtig gemeldet, wobei alle bei christlichen Lehrern unterrichtet werden. Vom Dezember 1827 ist folgende Statistik vorhanden: Ort Jüdische Einwohner Kinder im schul-pflichtigen Alter bei christlichen Leh-rern wer den jüdischen Religionsunterricht erteilt Monzingen 42 12 12 die Eltern Seesbach 20 4 3 die Eltern Simmern u. Dh. 47 11 11 die Eltern Weiler 33 4 4 die Eltern zusammen 142 31 30 die Eltern Eine weitere Statistik von 1827 bis 1841 zeigt, dass in dieser Zeit alle jüdischen Kinder aus dem Amt Monzingen die jeweiligen örtlichen christlichen Schulen besuchten und dass der Religionsunterricht von den Eltern erteilt wurde. Einzige Ausnahme: Im Jahr 1838 erteilte in Monzingen ein concessionierter jüdischer Lehrer den Religionsunterricht. Wo dieser erteilt wurde, ist nicht vermerkt. Es ist aber anzu-nehmen, dass dieser Unterricht nicht im Klassenraum der Ev. Volksschule, sondern im jüdischen Betsaal stattfand. Mit hoher Wahrscheinlichkeit war nach 1833 ein solcher Raum im Haus mit der damaligen Nummer 6. Das Gebäude stand zwischen den beiden Häusern mit der heutigen Adresse Franziskastraße 1 und Hauptstraße 56. (Parzelle 107, Größe 80 m2). Diese Stelle heißt in Monzingen auch heute noch „die Juddeschul“. 19 Im Urkataster von 1830 ist als Besitzer noch der christliche Bürger Anton Fuhr eingetragen, aber bereits 1833 war das Gebäude dann in jüdischem Besitz. Es wurde eingetragen auf „Michael Ullmann und Consorten“ und später auf Michaels Sohn Aaron überschrieben.51 Nach Aarons Wegzug erwarb der Monzinger Händler Bernhard Scheuer das Gebäude (Übertrag im Kataster: 1892). Scheuer war kein Jude, sondern katholisch und mit einer evangelischen Frau aus Monzingen verheiratet. Nach dessen Tod veräußerten die Erben das Gebäude bereits 1901 an den Monzinger Anstreicher Wilhelm Küstner, der es zusammen mit dem Nachbarhaus in der Franziskastraße er-warb. Küstner ließ das Gebäude verwahrlosen, und nachdem er etwa 1918 bis 1920 tragende Balken durchgesägt und als Brennmaterial verwendet hatte, fiel es zusammen und wurde zur Ruine.52 Die rest-lichen Steine der Ruine wurden erst nach 1960 beseitigt. Die sogenannte Judenschule war also nie im Besitz der jüdischen Gemeinde - diese besaß lediglich den Friedhof – und wurde auf den Liegenschafts-blättern weder als Synagoge noch als Schule geführt, sondern mit dem Begriff „Hofraum“ bezeichnet, der in dieser Zeit für „Wohnhaus mit Hof“ verwendet wurde. So ist anzunehmen, dass in diesem Haus von 1833 bis 1892 ein Raum als Betsaal genutzt wurde, während die restlichen Räume als Wohnung dienten, vermutlich erst für Michael Ullmann (Jonas Michel) und dann für Aaron und Familie, evtl. auch noch für den Vorbeter. Auch der zeitweilige Schulraum, der mit einer Größe von 24,15 m2 angegeben wird, kann in diesem Haus gewesen sein. In der nordöstlichen Ecke des Geländes befand sich auch eine Mikwe, deren Zugang noch bis etwa 1965 zu sehen war.53 Leider wurde die Stelle von den Bewohnern des angrenzenden Hauses nach dieser Zeit zugeschüttet und ist zurzeit immer noch unzu-gänglich. Mikwe Der Zugang zum Gelände ging über diese Treppe. 20 Das Auf-und-Ab einer eigenständigen jüdischen Schule in Monzingen lässt sich aus den Akten im LHA Koblenz in etwa rekonstruieren.54 So gab es Im Jahr 1842 einen regen Briefwechsel zwischen der jüdischen Gemeinde Monzingen, dem Landrat in Kreuznach, der Königlichen Regierung in Coblenz und in Berlin, da die jüdischen Gemeinde-glieder wieder eine eigene Schule begehrten. Es gab Verhandlungen mit dem Amtsbürgermeister Fried-rich von Cocy, an denen auch die Vertreter der Seesbacher und Weilerer Juden teilnahmen, weil man deren Kinder zum Besuch der gewünschten jüdischen Schule in Monzingen gewinnen wollte. Man einig-te sich, dass die jüngeren Kinder aus Weiler und Seesbach zunächst die örtlichen christlichen Schulen besuchen könnten, während die Kinder ab 10 Jahren dann in die jüdische Schule nach Monzingen kom-men sollten. Wie die spätere Statistik zeigt, wurde diese Absprache aber nicht eingehalten, was bei der Entfernung der Dörfer und dem weiten Schulweg nur allzu verständlich war. In einem Brief vom 25.08.1842 bat Amtsbürgermeister von Cocy um Entscheidung durch die Höhere Behörde: Errichtung einer jüdischen Elementarschule zu Monzingen betreffend Isaac Fränkel, der früher in Hüffelsheim als Vorbeter war, hat das Attest über das Ergebnis seiner Prüfung als Elementar- und Religionslehrer beigebracht. …… Die Errichtung einer Judenschule in Simmern unter Dhaun liegt in bedeutender Ferne. (Die Seesbacher Juden wollten ihre Kinder lieber nach Simmern schicken wegen der geringeren Entfernung.) Die Weilerer wollen sich in keiner Weise erklären. ……. Als schulpflichtige Kinder werden gezählt: Monzingen 12, Seesbach 3, Weiler 6, gesamt 21 welche sämmtlich und sehr regelmäßig die christlichen Ortsschulen bis jetzt besuchen und von welchen an Schulgeld durch-schnittlich 15 rth aufkommen. Sollten nun diese Kinder unter einem jüdischen Lehrer vereinigt werden, so müßte es wohl billig seyn, daß die betreffenden bürgerlichen Gemeinden für Schullocale und Lehrmittel und Holz zur Heizung und für Wohnung des Lehrers sorgen, was nur eine jährliche Ausgabe von überhaupt 25 rth verursachen wird. Den Lohn als Vorbeter hätten allerdings wohl nur die hiesigen jüdischen Einwohner allein aufzubringen, wonach als dann nach Abzug des Schulgeldes noch 45 rth, der des Lehrergehaltes von sämmtlichen Confessions-Gliedern der drei Gemeinden aufzubringen bleiben würden. An Klassensteuer zahlen nach der Rolle pro 1842 die Juden zu Monzingen 44 – 15, zu Seesbach 9 – 15, zu Weiler 27 – 15, Summe 81 -15. Endlich erlaube ich mir anzuführen, daß auch der Wandeltisch durch eine Zahlung von nur 30 rth wofür durch Fränkel sich selbst beköstigen will, beseitigt werden könnte. Der Bürgermeister (F. Cocy) Am 28.09.1842 antwortete die Königliche Regierung aus Coblenz: Wir müssen Abstand tragen, die Juden von Weiler und Seesbach zu zwingen, an der in Monzingen zu errichtenden jüdischen Schule theilzunehmen. Es muß dies letz in gütlicher Einigung arrangieert werden. Was endlich den Judenrat mit dem Lehrer Fränkel anzuschließenden Vertrag angeht: a) Die jüdischen Gemeinden sollen allein übernehmen b) Die Geldsumme muß festgesetzt werden, falls er auf den Wandeltisch verzichtet und was an Gehalt aufzubringen ist Am 21.10.1842 wurde der Vertrag zwischen dem Vorsteher der jüdischen Gemeinde Marcus Baer, den Schulvorstehern Emanuel Ullmann und Ferdinand Ullmann und dem Vorbeter Isaac Fränkel wegen der Stelle als Elementar- und Religionslehrer und der Stelle als Vorbeter unterschrieben. Fränkel verpflichtete sich, alle israelischen Kinder zu Monzingen vom 5 Lebensjahr an a) In israelischer Religion b) Biblischer Geschichte c) Hebräischer Sprache d) Deutscher Schrift e) In deutschem Lesen f) In deutschem und hebräischem Schreiben g) Im Kopf- und Tafelrechnen gründlich zu unterrichten. 21 Der Vertrag enthält weitere Regelungen über Lehrmittel, Gehalt (jährlich 25 Taler als Lehrer und 25 Ta-ler als Vorbeter), Zahlungsmodus, Unterkunft, Heizung, Beköstigung etc. Am 09.11.1842 meldete Landrat Hout: An die Königlich Hochlöbliche Regierung zu Coblenz Fragliche Angelegenheit ist nun reguliert worden. 1. das Zeugnis des Fränkel liefere ich gleichzeitig 2. eine Abschrift des Decrets vom 14.02.1838, wodurch der Handelsmann Marcus Baer in Monzingen zum Vorsteher er-nannt worden ist 3. das Protokoll über die Wahl eines Vorstandes für die daselbst zu bildende israelische Elementarschule 4. den von diesen Vorstehern mit dem künftigen Lehrer abgeschlossenen Dienstvertrage in duplo und 5. die Erklärung des Schulinspectoren Der Landrat Am 24.11.1842 schickte die Königliche Regierung, Abteilung des Innern zu Coblenz die Genehmigung nach Kreuznach: „….….. erwarten, daß der Kreis wegen Beschaffung der notwendigen und zweckmäßigen Lokale mit dem Schul-Inspector in Communication treten werde und sehen unter dieser Voraussetzung Ihrem Berichte über den weiteren Verlauf dieser Angelegenheit binnen 6 Monaten entgegen.“ Gleichzeitig schreibt diese Abteilung an den Schulinspektor Oertel zu Sobernheim und an den israeli-schen Lehrer und Vorbeter Isaac Fränkel und teilt mit, dass die Genehmigung auf ein Jahr erteilt wird „…..unter der Voraussetzung, daß Sie treu und fleißig Ihre Obliegenheiten erfüllen und durch Führung eines sittlich guten Lebenswandels sich das Vertrauen der dortigen Gemeinde würdig erhalten.“ Weiter wurde der Vorschlag gemacht, die Schule als Privatschule laufen zu lassen, und da das Schulgeld der Eltern nicht ausreichte, die örtliche Gemeinde zu den restlichen Kosten heranzuziehen. Offenbar hat diese sich gewehrt, denn am 15.01.1843 schrieb die Königliche Regierung: „Die Gemeinde ist verpflichtet, die Kosten der Elementarschule zu decken, die Kultuskosten für die Juden sind dagegen den Gemeinden nicht unterlegt.“ Am 28. Juni 1843 meldete dann Landrat Hout nach Coblenz: …..„daß die jüdische Schule in Monzingen in geeigne-tem Zustand sich befindet, hinreichend geräumig und hat die nöthigen Lehrmittel jedoch fehlen noch Subsallien, die aber bald beschafft werden sollen. Die Wohnung des Lehrers ist gut und derselbe bereit, so wie mit der Erfüllung der übrigen vertrags-mäßig ihm zustehenden Leistung zufrieden. Die jüngste in dieser Schule durch den Herrn Schulinspector abgehaltende Prüfung soll befriedigend ausgefallen sein.“ Zusätzlich meldete er offenbar auf Grund einer weiteren Klage der Zivilgemeinde die Größe der Schul-räume: Kreuznach, 17.07.1843 Die Schule in Monzingen 1. Schulabtheilung in Monzingen: 92 Köpfe 444 (Quadratfuß) 6 3/4 Fuß Höhe 2. Schulabtheilung 76 Köpfe 261 8 Fuß Höhe Judenkinder 16 Köpfe 172 7 Fuß Höhe [Anm.: 444 Quadratfuß entsprechen 62,6 m2, 261 Quadratfuß entsprechen 36,8 m2, 172 Quadratfuß entsprechen 24,25 m2. Pro Kopf: ev. Schulklasse 1: 0,68 m2, ev. Klasse 2: 0,48 m2, Judenschule: 1,52 m2. -Die Kinder in der Judenschule hatten demnach geradezu „paradiesische Verhältnisse“ gegenüber den Kindern in der Evangelischen Schule.] Die jüdische Schule war bereits ein ganzes Jahr eingerichtet, aber offenbar immer noch nicht offiziell von der Königlichen Regierung in Coblenz genehmigt. Denn am 31.10.1843 wurde diese von Berlin aufgefor-dert, „die Erwilligung einer jüdischen Elementarschule in Monzingen betreffend binnen 4 Wochen zu genügen oder in gleicher Frist die Hinderungsgründe anzuzeigen“. 22 In einem Brief vom 03.11.1843 an den Schulvorstand der jüdischen Gemeinde bestätigte dann der regi-onale Schulinspektor Oertel aus Sobernheim dem Lehrer Isaak Fränkel eine gute Arbeit und einen ver-traulichen Eindruck. Wie die Statistiken zeigen, war 1847 schon das Ende dieser eigenständigen jüdischen Schule. Die Juden-kinder besuchten wieder die christliche Schule, erhielten aber Religionsunterricht vom „concessionier-ten Vorsteher der Synagoge“. 1859 begann ein erneuter Briefwechsel. Diesmal schaltete sich der örtliche Schulinspektor ein. Da die jüdischen Schulen mit Lehrern und Kindern der Aufsicht eines christlichen Schulinspektors unterstanden, war dies der evangelische Pfarrer von Monzingen. Er schrieb an die Königliche Regierung in Coblenz. 09.02.1859, An die Abteilung des Innern Die jüdische Gemeinde in Monzingen wünschen für ihre gegenwärtig 10 zahlenden schulpflichtigen Kinder, welche die evangeli-sche Schule des Ortes besucht haben, eine eigene Schule zu errichten. Ich bin diesem Vorhaben nicht entgegen, da ohnehin unsere Schule schon überfüllt ist, und hat sich das jüdische Schulamts-Landesamt Salomon Tiefenbronner aus Königsbach im Großherzogtum Baden zur Anbezugnahme dieser Schule bereit erklärt. Müller, Pfarrer und Schulvorstand [Anm.: Hans Georg Müller, ev. Pfarrer in Monzingen von 1851-1871] Er schickte auch Tiefenbronners Lebenslauf mit. - Dieser war am 13.12.1834 in Königsbach geboren, Sohn von Jonas Tiefenbronner und Jutta geb. Ries. Er war von dem Monzinger Leimfabrikanten Nathan Stern eingeladen worden. Stern hatte seine beiden ältesten Söhne offenbar bisher in die jüdische Schule in Sobernheim geschickt (siehe Anzeige) und drängte auf eine jüdische Schule in Monzingen, da nun seine jüngeren Kinder schulpflichtig geworden waren. Da Lehrer aus andern Gebieten nicht als preußische Untertanen anerkannt wurden, konnten diese nicht ohne weiteres angestellt werden. Tiefenbronner galt als Ausländer und so bedurfte es nicht nur einer Genehmigung zur Errichtung der Schule, sondern auch zur Einstellung dieses Lehrers. Eine Anzeige des jüdischen Lehrers Cahn 55 Wie 1842 zog sich diese Genehmigung wieder monatelang hin. Der ev. Pfarrer Müller fragte am 16.01.1860 nochmal beim Landrat an, erklärte, dass Tiefenbronner inzwischen von ihm betraut worden sei, was sofort eine Erleichterung für die evangelische Schule gewesen sei. Tiefenbronner habe die Kin-der im Laufe des vergangenen Jahres unterrichtet und sei auch bereits überprüft. Aber bisher sei immer noch kein Bescheid da. Am 20.01.1860 schrieb der Landrat dann nochmal nach Berlin und befürwortete eine jüdische Schule in Monzingen. Die offizielle Genehmigung erfolgte dann am 01.02.1860. 23 8-9 9-10 10-11 2-3 Der Stundenplan, der ebenfalls mit eingereicht wurde, zeigt, dass die jüdischen Schulkinder ein umfang-reicheres Pensum zu erledigen hatten als die christlichen Schüler der damaligen Zeit. Am 03.08.1860 schrieben die Gemeindemitglieder Nathan Stern, Aron Ullmann, Salomon Fried, Jacob Meyer, Marx Ullmann, David Ullmann einen Brief an Bürgermeister Beck wegen Mietsentschädigung für das Heizen des Schulsaals und baten um Holz aus dem Gemeindewald. Unter anderem begründeten sie ihre Bitte, dass sie ja auch zu allen Abgaben an die Gemeinde ihren Beitrag leisten würden. Der Antrag wurde jedoch abgelehnt. Wie lange diese 3. Epoche einer jüdischen Schule in Monzingen dauerte, ist nicht dokumentiert. Vermut-lich spätestens 1874 gab es keine eigenständige jüdische Schule mehr. Aktenkundig belegt ist, dass im Jahr 1877 schulpflichtige jüdische Kinder wieder die christliche Schule besuchten und an allen Fächern außer dem Religionsunterricht teilnahmen.56 Ab dem 01.Dezember 1874 waren aus den bisher zwei Klassen der Ev. Volksschule drei Klassen gebildet worden (mit Schichtunterricht, 2 Räume, 2 Lehrer, 3 Klassen), da die beiden Schulsäle die angewachsene Schülerzahl nicht mehr fassen konnten.57 Durch die Aufteilung war nun etwas mehr Raum pro Schulkind und die wenigen jüdischen Schüler konnten somit auch wieder aufgenommen werden. Außer Albert Mayer sind alle jüdischen Kinder, die nach 1871 gebo-ren sind, auf den Entlassungslisten zu finden, die ab 1874 geführt wurden. Vermutlich hat Albert ab dem 5. Schuljahr eine höhere Schule besucht, während seine Zwillingsschwester Clara in der Volksschule blieb. Auch Ferdinand Ullmann (*1871) besuchte 2 Jahre lang die Realschule in Sobernheim58, kam dann aber wieder in die örtliche Volksschule zurück und machte dort seinen Abschluss. Wenn es die finanziel-le Lage erlaubte, war es in den Städten zu dieser Zeit auch bei den Juden schon längst üblich, den Söh-nen eine bessere Ausbildung zu ermöglichen, da diese für die kaufmännischen Berufe von Vorteil war. In Monzingen war dies vor 1918 aber auch bei den Christen noch die Ausnahme, so sind nur die Söhne des Pfarrers, Nahemüllers, Försters sowie ein Kaufmannssohn auf den Listen der Realschule in Sobernheim zu finden. Alle andern Jungen und auch die Mädchen besuchten 8 Jahre lang die örtliche Volksschule. Namentlich erwähnte Judenlehrer, wohnhaft in Monzingen, waren Lion Würtzbourger, Nathan Mayer, Herz Levi, David Kahn, Isaac Fränkel, Salomon Tiefenbronner (siehe Einzelne Personen, Seite 38).