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Trost spenden im größten Chaos

Der Monzinger Pfarrer Manfred Kaspar ist ehrenamtlich auch als Notfallseelsorger tätig - DRK übernimmt Organisation der Hilfe

Der Monzinger Pfarrer Manfred Kaspar steht als Notfallseelsorger Menschen in Krisen bei. Der Evangelische Kirchenkreis und das Rote Kreuz arbeiten bei der Organisation der Hilfe Hand in Hand.

 MONZINGEN. Es ist 4.45 Uhr. Durch das Pfarrhaus schrillt der Rufmelder. Pfarrer Manfred Kaspar weiß, dass er jetzt als Notfallseelsorger gefragt ist. ein Anruf bei der Rettungsleitstelle in Bad Kreuznach setzt ihn kurz ins Bild: In einem Soonwalddorf wurde ein Zeitungszusteller leblos vor einem Haus gefunden. Der Notarzt versuchte eine Reanimation - leider erfolglos.

Schon beachtliches Pensum
  Kaspar verständigt einen zweiten Notfallseelsorger und fährt sofort los. Als er sich um 8.19 Uhr auf den Rückweg macht, um seinen normalen Arbeitstag als GemeindepfarrerNotfallseelsorger Manfred Kaspar und Norbert Greulach zu beginnen, liegt bereits ein beachtliches Arbeitspensum hinter ihm. Er hat unter anderem die Familie beruhigt, vor deren Hause der 50-jahrige Mann verstorben ist, den Hausarzt und die Kriminalpolizei bei der Untersuchung der Todesursache unterstützt und geholfen, den toten vom Bürgersteig weg ins Trockene zu bringen. Dort wurde er so aufgebahrt, dass seine Ehefrau in Würde von ihm Abschied nehmen konnte. Der beschriebene Vorfall ereignete sich vor gut einem Jahr kurz vor Weihnachten. Seitdem hat es viele kritische Konstellationen unterschiedlichster Art gegeben, in denen der den Betroffenen beistand. Etwa fünf Mal pro Monat werden Mitglieder des Notfallseelsorge-Teams gerufen: bei schweren Verkehrsunfällen, wenn ein Schulbus im Hoxbachtal plötzlich in Flammen aufgeht, wenn Angehörigen eine Todesnachricht überbracht werden muss, wenn eine Reanimation erfolglos blieb, wenn ein Säugling plötzlich stirbt oder wenn jemand Selbstmord begangen hat. Die Helfer treten in Aktion, "wenn Menschen schlagartig nicht mehr aus noch ein wissen und total hilflos dem Unfassbaren gegenüberstehen", wie Manfred Kaspar die Tatsache selbst beschreibt.
  Vier- bis sechsmal im Monat hat der Monzinger Pfarrer zusammen mit einem zweiten Notfallseelsorger 24 Stunden lang Bereitschaft. Mehr als 60-mal wurde das im Kreis Bad Kreuznach agierende Team seit seinem Bestehen gebraucht und konnte anwenden, was es in der Vorbereitung auf diesen ehrenamtlichen Dienst gelernt hatte. Vor allem Fingerspitzengefühl ist gefragt. "Wir erfahren in solchen Krisensituationen von den Familien oft intimste Dinge", erklärt Gerlinde Graf, die von Seiten des Deutschen Roten Kreuz4es den Einsatz der Notfallseelsorger koordiniert. Der rasche Aufbau eines Vertrauensverhältnisses ist daher besonders wichtig.
  Doch nicht nur im Umgang mit den Opfern von Not- oder Unfällen beziehungsweise deren Angehörigen ist Sensibilität gefordert. Auch Polizei, Feuerwehr, Notärzte und Rettungskräfte müssen sich auf die Notfallseelsorger vollkommen verlassen können. "Wir halten ihnen den Rücken frei, damit sie kein schlechtes Gewissen haben müssen, wenn sie zum nächsten Einsatz gerufen werden", sagte Kaspar. Wenn es sein muss, bleiben die Notfallseelsorger die ganze Nacht bei den Betroffenen, so lange, bis Verwandte oder Freunde eintreffen und weiter für sie sorgen.

Großes Handlungsfeld
  Der Pfarrer hat sich auch schon oft um junge Feuerwehrleute gekümmert, die ihre eigenen Kameraden nach schweren Unfällen aus ihren Fahrzeugen befreien mussten. Frauen, die vergewaltigt wurden, Zeugen oder Opfer eines Überfalls benötigen ebenso Hilfe wie Menschen, die einen schweren Unfall verursacht haben und mit ihrem Schuldgefühlen nicht fertig werden. "Das Handlungsfeld ist einbunter Strauß - genau so wie das Leben selbst", sagt Gerlinde Graf.

(Bericht im Öffentlichen Anzeiger von "noi", abgeschrieben von Peter Herrmann).

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